Leben verstehen?

 

Liebe Kolpingfreunde,

vor kurzem bin ich beim Durchforsten von Zitaten auf das Gedicht „Du musst das Leben nicht verstehen“ von Rainer Maria Rilke gestoßen:

Du musst das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
und lass dir jeden Tag geschehen
so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken lässt.

Sie aufzusammeln und zu sparen,
das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren
und hält den lieben jungen Jahren
nach neuen seine Hände hin.

Rilke wurde im Jahr 1875 in Prag geboren und wurde 51 Jahre alt. Er soll dieses Gedicht 1898 in Berlin-Wilmersdorf geschrieben haben. So wird es der Epoche Moderne zugeordnet.

Mich hat dieses Gedicht „Du musst das Leben nicht verstehen“ sehr angesprochen, denn wir alle sind in unserem Leben danach aus, dass wir alles hinterfragen und für alles eine Antwort haben wollen.

Gleichzeitig müssen wir unseren Blick immer auch nach vorne richten, denn es kommt immer wieder Neues als Geschenk auf uns zu. Ein weiteres sagt mir dieses Gedicht. Auch wenn ich an manchem Altbewährten festhalten möchte, so soll es mich trotzdem anleiten, dass ich mein Denken und mein Arbeiten zwar immer wieder hinterfrage, aber gleichzeitig mich auch nach Neuem ausstrecken muss.

So wünsche ich euch ganz besonders im Monat Mai, an dem die Pflanzen und Bäume neue Knospen und Blüten bekommen, gleichsam Neues im Werden ist, dass auch ihr euch angesprochen fühlt, über Neues nachzudenken und es auch versuchen in die Tat umzusetzen. Hinterfragen wir nicht so oft die geschehenen Dinge, sondern nehmen wir Neues als Geschenk an, so wird es zum Fest.

Dies wünscht euch mit einem herzlichen Treu Kolping
Karl-Dieter Schmidt, Diözesanpräses